Bilder - Fouta Djalon Trekking
Guide: Mamadou Bela Barry
Adresse: Guinée Trek Aventure, Voyages d'aventure en Guinée
Hamdallaye Rond-Point, B.P. 1067 Conakry, Guinea
Telefon: +224 622 31 76 36
Webseite: www.guineetrekaventure.com
Video: Guinée Rando
Ein Flyer und ein Plakat von Bela.
Mein Fotoalbum vom Fouta Djalon Trekking 2007.
Region: Mittelguinea, Präfektur Pita.
Conakry 15.12.2007: Ich treffe
mich mit Bela am Lambany-Kreisel und wir fahren gemeinsam zum Taxibahnhof
von wo unsere gemeinsame Odyssee in den Fouta beginnen soll. Mit einem Überland-Taxi
macht man in Guinea die meisten grösseren Reisen. Im Volksmund heissen diese
'Taxi-Brousse', was soviel wie 'Buschtaxi' bedeutet. Der Taxibahnhof ist
so 'früh' um 10 Uhr schon sehr belebt. Die Fahrer möchten gerne losfahren,
dauert doch so eine Fahrt in die hinteren Ecken Guineas mit all ihren Stops
schliesslich doch meist einen ganzen Tag. Doch gefahren wird natürlich erst,
wenn der allerletzte Platz doppelt belegt ist. Effektiv auf jedem Sitzplatz
(nach europäischen Verständnis) haben zwei Personen ihren Platz. Ich bin
da zu bequem und kaufe mir deswegen gleich zwei Plätze, und zwar auf dem
Beifahrersitz. Schliesslich will ich vermeiden, dass es mir schlecht wird
während der Fahrt und ausserdem möchte ich filmen und fotografieren aus
dem Auto heraus. Es dauert nicht lange, da ist alles auf dem Dach befestigt,
alle Insassen reingepfercht und es geht los.
Es dauert dann alledings auch nicht lange, und wir halten bereits das erste
Mal wieder an. Der Taxifahrer parkiert uns am Strassenrand und nimmt sich
selbst ein Taxi um wieder in entgegengesetzter Richtung zurück zu fahren.
Meine MitfahrerInnen scheint das nicht weiter zu erstaunen, im Gegensatz
zu mir. Auf mein Nachfragen hin bringt Bela in Erfahrung, dass der Chauffeur
seine Wagenpapiere vergessen hat ins Taxi mit zu nehmen, was am Stadtrand
bei den Militärkontrollen zu Problemen führen könnte. Deswegen ist er also
zurück gefahren. Bela und ich nutzen die Pause, um bereits mal unser Frühstücks-Zubehör
an einer Tankstelle einzukaufen. Von seinem Chef Saifoulaye Diallo hat er
den Auftrag erhalten, mich mit allem 'westlichen' Komfort zu versorgen,
der auf einem Trekking möglich ist. Dazu gehört offensichtlich auch das
sogenannte Continental-Breakfast. Trotz meiner Einwände kauft er Nutella,
Konfitüre und Honig, sowie Baguette, La-vache-qui-rit (Streichkäse) und
Sardinen ein. Und das nicht zu knapp. Ich vergewissere mich nochmals, dass
es auch wirklich er ist, der dies tragen wird, denn ich habe bereits schweres
Gepäck dabei und will auch keinen zusätzlichen Träger bezahlen. Kein Problem
versichert er mir, obwohl er nicht mal einen grossen Rucksack hat.
Etwa eine Stunde später ist der Taxifahrer wieder da und es kann weitergehen.
An der Stadtgrenze können wir erstaunlicherweise einfach durchfahren. Wahrscheinlich
sehe ich als einziger Weisser im Wagen nicht so aus, als ob bei mir Geld
zu holen wäre. Wir fahren nun zügig auf der N1 von Coyah über Kindia nach
Mamou. In der Präfektur Mamou befinden wir uns nun schon im sogenannten
Mittel-Guinea, das sich gegen Norden hin bis zur senegalesischen Grenze
hin zieht und den Fouta Djalon im Zentrum hat. Wir besuchen ein Strassen-Restaurant
um etwas zu Mittag zu essen. Es ist toll, inmitten geschäftiger Leute, mit
Einheimischen zu essen, zumindest was das Erlebnis betrifft. Das zum Verzehr
angebotene Fleisch mit Sauce an Reis konnte mich jedoch weniger überzeugen.
Nachdem in Mamou schon einige an ihrem Ziel angekommen sind, werden es auf dem weiteren Weg nach Dalaba immer weniger. An verschiedenen Orten werden noch Fahrgäste ausgeladen. Die N5, welche Richtung Dalaba und schliesslich nach Labé führt, steigt nach Mamou ordentlich an. Die Landschaft wird waldiger und schon bald tauchen die ersten Föhren auf. Dalaba war in der Kolonialzeit sozusagen der Luftkurort für reiche Leute aus der Hauptstadt. Wir befinden uns hier etwa auf 1100 Metern über Meer. Obwohl das Taxi am selben Tag noch über Pita nach Labé fährt, entscheide ich, dass wir eine Nacht im Hotel Tangama in Dalaba verbringen. Die angegebenen Reisezeiten kann man getrost verdoppeln, rechnet man all die Pannen, kleinen Malheurs, das Ein- und Aussteigenlassen von Gästen mitsamt dem Be- und Entladen des Gepäckträgers mit ein. Und ich habe keine Lust, solange Auto zu fahren und dann einen Ort wie Dalaba zu verpassen – Schliesslich bin ich Tourist.
Am selben Abend noch versucht Bela eine Person ausfindig zu machen, der er von jemandem in Conakry eine Sportzeitschrift überbringen soll. Ein Bekannter von Bela gab ihm dieses Heft mit einem Sportfoto von ebendiesem mit auf die Reise, mit dem Wunsch, Bela möge dieses doch seinem ehemaligen Lehrer überbringen, der eben in Dalaba wohnen soll. Vom Adressaten gab es lediglich den Namen und eine Telefonnummer. Wir konnten lediglich herausfinden, dass dieser Mann zurzeit gerade nicht in Dalaba weile, weshalb Bela das Heft in einem Strassencafé deponierte, mit dem Versprechen, es bei der Rückreise nochmals zu versuchen.
Dalaba 16.12.2007: Nach einer Nacht bei untropischen Temperaturen im Hotel Tangama und einem recht dürftigen Frühstück stehen wir um 9 Uhr im Zentrum beim Taxiparkplatz an der Strasse und warten auf ein Taxi. Man teilt uns mit, dass alle Taxis bereits wieder gefahren seien, da heute Markttag sei und die Leute eher nach Dalaba kommen wollten, als von hier fortzugehen. Nach einiger Zeit kriegen wir doch die Zusicherung eines Chauffeurs, uns nach Pita mitzunehmen, doch wir sind vorderhand die einzigen Gäste. Das bedeutet entweder zu warten bis das Taxi voll wird, oder alle Plätze zu kaufen. Ich entscheide zu warten, auch wenn an der Kreuzung nicht gerade viel los ist. Dafür reicht es noch für ein zweites Frühstück.
So gegen Mittag können wir dann losfahren, es haben sich
noch andere Fahrgäste zu uns gesellt. Unterwegs wird dann der Wagen noch
vollends gefüllt – einer muss sogar noch auf dem Dach Platz nehmen. Doch
kaum sind wir ein dutzend Kilometer gefahren, hält der Chauffeur nach einer
Steigung auf offener Strecke plötzlich an: Kein Benzin mehr. Die Tankstelle
von Dalaba war während dem landesweiten Streik demoliert und abgefackelt
worden. Seelenruhig platzieren sich alle Fahrgäste im Halbschatten einiger
Büsche am Strassenrand. Einige dösen, andere laufen ein bisschen rum, jemand
isst etwas, eine Frau macht Morgentoilette, ich fotografiere. Der Fahrer
verschwindet zu Fuss in die Richtung aus der wir kamen, um zirka eine Stunde
später mit einem Kanister wieder zu erscheinen. Ein anderes Taxi bringt
ihn zu uns. Will man sich solcherlei
Umstände ersparen, empfiehlt es wohl doch, längere Reisen an einem Stück
zu machen – Doch schlussendlich geschieht doch immer etwas Unvorhergesehenes.
Jedenfalls muss ein touristisch Reisender trotz aller gutgemeinten 'Organisation'
besser davon ausgehen, dass nichts so klappt, wie er es sich vorgestellt
hat. Was jedoch nicht heisst, das nichts klappt! Denn es funktioniert ja
doch – Wir sind am Nachmittag in Pita. Dort melden wir uns gleich für die
Weiterfahrt nach Douki an. Diese Taxis werden aber erst wieder gegen Abend
losfahren, denn auch in Pita ist heute Markt. Auf diesem Markt kaufen wir
dann noch den Rest des Essens ein, auch drei Fische, um die heute Abend
mit unseren nächsten Gastgebern zusammen zu verzehren. Bela rüstet auch
noch auf: Er braucht noch zwei Paar Socken und eine Unterhose, um seine
Ausrüstung zu komplettieren, die im Wesentlichen aus dem besteht, was er
trägt. Sein Daypack platzt bereits aus allen Nähten, weshalb ich auch noch
ein paar Dinge in meinen Rucksack packe. In Conakry war ich recht unsicher,
was ich denn alles an Ausrüstung mitbringen sollte. Saifoulaye hatte mir
versichert, dass wir immer in Häusern schlafen würden. Bedeutet dies dann
auch, dass darin Betten stehen? Jedenfalls hatte ich mich entschlossen,
mein Zelt in Conakry zu lassen und habe jedoch Luftmatte und Schlafsack
mitgebracht. Dazu kam dann noch die ganze Fotoausrüstung und etwa dreimal
so viele Kleider wie Bela hat. Die erste Nacht in Dalaba hat auch gezeigt,
dass es im Fouta Djalon nachts auch angenehm kühl werden kann. Wie sich
' der Busch' anfühlt, wenn man darin herumwandert gilt es jetzt noch herauszufinden,
weswegen ich natürlich vor allem auf lange Beinkleider gesetzt hatte. Im
Gegensatz zu Bela, der nur mit zwei Bermudahosen und einem Paar T-Shirts
ausgerüstet ist.
Momentan ist jedoch erst nochmals warten in der Mittagshitze angesagt. Zähe
dahin schleichende Stunden verbringen wir an diesem Platz im Pita, wo unser
Taxi steht. Ein kleines Café bietet etwas Unterhaltung mit einem Fernseher,
in dem das Musikprogramm des RTG läuft. Es gibt diesen total überzuckerten
ausgesottenen Grüntee, oder auch Kaffee, was einen ja auch nicht unbedingt
ruhiger macht. Doch die Zeit läuft auch in Guinea, auch wenn es mancherorts
nicht den Anschein hat. Schliesslich fahren wir um 18 Uhr dann weg und gelangen
auf die Piste Richtung Douki. In
jeder Häuseransammlung steigt mindestens jemand aus. Mich erstaunt schon,
dass in dieser verlassenen Gegend überhaupt jemand wohnt. Aber an einem
Ort gibt es sogar ein Schulgebäude. Wir fahren gut geschüttelt in den Sonnenuntergang,
vorbei an Dornenbüschen mit leuchtend roten Blütenständen. Das Auto ist
bald auch so rot wie die Landschaft und der Boden um uns. Gerade bei Einbruch
der Dunkelheit kommen wir in Douki an. Gleich neben dem Haus von Hassan
Bah, dem dort ansässigen Führer gibt es eine kleine Touristen-Lodge. Nach
einer freudigen Begrüssung beziehe ich Quartier in einem kleinen Rundhaus
mit einem grossen Bett in der Mitte. Ich bin die einzige Person darin, Bela
kann bei Hassan im Haus schlafen. Wir haben der Küche auch gleich unsere
Fische gegeben, die dann auch sogleich zubereitet wurden. Da es noch recht
warm ist, können wir vor einem weiteren Rundhaus, sozusagen dem 'Aufenthaltsraum',
unser Nachtessen unter freiem Himmel zu uns nehmen. Ich stelle fest, dass
ein Pullover und lange Hosen durchaus genügen für einen Europäer. Bela hingegen
friert bald, sodass ich ihm einen meiner zwei Pullover nicht mehr aufdrängen
muss.
Douki 17.12.2007: Die Nacht auf
der mit Stroh gefüllten Matratze war gut. Der Schlafsack wäre temperaturmässig
nicht unbedingt nötig gewesen, hatte es doch eine Strickdecke im Zimmer
gehabt. Trotz gab er mir ein gemütliches Wohlbefinden, so etwas wie mein
eigenes Bett. Nach der Morgentoilette im Freiluft-Bad und dem Frühstück,
soll es heute auf eine erste Erkundungstour gehen. Ich weiss nicht genau,
wie sich Bela arrangiert, jedenfalls besteht
Hassan darauf, uns zu begleiten. Dies ist wohl sein Revier, denke ich. Wie
sich bald heraus stellt, ist diese kleine Tour ein richtiges Kleinod. Zuerst
steigen wir von der Anhöhe des Dorfes über abgeerntete Fonio-Felder in eine
malerische Senke, die mit verschiedenen bizarren Felsformationen bevölkert
ist. Der Ort heisst Tountin Bonodji, die Felsen werden auch Rochers de la
Hyène genannt. Da schlägt mein Klettererherz bereits höher! Ausserdem sieht
es einfach traumhaft aus, diese rötlichgelben Felsen umrahmt vom Grün der
Bäume und dem goldgelben, hohen Gras dazwischen anzusehen. Ausserdem fliesst
sogar noch ein Bach in die Senke. Dieser glasklare, plätschernde 'Bergbach'
fällt sogar noch über einen kleinen Wasserfall in einen Pool, an dessen
schattigen Ufern wir unsere erste Pause einlegen. Wir sind umgeben von wundersamen
Planzen, schönen Blüten und immer wieder tollen Felsformationen. Nach der
Pause gehen wir eine Runde weiter, auf eine kleine Anhöhe, die übersäht
ist mit Boulderblöcken. Da packe ich auch gleich meine Kletterschuhe aus,
die ich extra für
diese Gelegenheit aus der Schweiz mitgeschleppt habe. Natürlich ist es um
die Mittagszeit eigentlich viel zu heiss, um zu klettern, doch ich lasse
mir das trotzdem nicht entgehen. Bela betätigt sich derweil als Fotograf.
Ich weiss, dass schon andere Weisse Leute hier Kletterversuche unternommen
haben, aber trotzdem muss mein Anblick für die beiden Führer recht verrückt
anmuten.
Nachdem ich die Bouldersession beendet habe, versprechen mir die Führer, dass wir sogleich zu einer nächsten Attraktion kommen werden, wo es dann auch schön kühl sein soll. Und tatsächlich, nach einem Abschnitt duch etwas dickeres Gebüsch und sehr hohes, schneidendes Gras gelangen wir zu den Eingängen eines Höhlensystems: Die Grottes de Linto. Diese Löcher gehen nicht in die Tiefe, aber in den Berg hinein. Ich habe leider meine Taschenlampe nicht dabei, lasse es mir aber nicht nehmen, auf dem sandigen Boden der Höhle jeden Gang zu erkunden. Dabei verschaffe ich mir wenn nötig mit dem grossen Blitzgerät des Fotoapparates einen Augenblick der 'Erleuchtung'. Ganz begeistert von soviel sehenswertem auf kleinem Raum komme ich fast nicht mehr vom Fotoapparat los, derweil sich meine beiden Jungs plaudernd im Schatten rumliegen. Ich erkunde auch die Gegend rund um die Höhle, immer auch mit dem Gedanken, dass man hier vielleicht mal 'richtig' Klettern könnte. Die Landschaft ist traumhaft, der Fels meist stark gerundet und sehr rauh.
Bald schon will Hassan weiter und wir brechen auf. Nachdem
wir am Bächlein in einem lauschigen Hain unser Mittagessen eingenommen haben,
steigen wir langsam aber sicher wieder aus der Senke hinauf. Doch da sticht
Hassan auf einer Ebene auf einmal ab in Richtung eines
Waldes. Unter den Bäumen geht es sodann auch gleich steil nach unten. Wir
treten ein in das sogenannte 'Indiana Jones' Labyrinth. Tchagui ist ein
Felsmassiv im Boden, dass vom Bach frei- und unterspült wurde. Von der ganzen
Szenerie sah man von aussen nicht das Geringste. Doch unter den Baumkronen,
in angenehmer Kühle stehen die steilen Felswände wie Elefantenbeine im Wasser.
Dicke Lianen hängen in der Luft und den Wänden entlang herunter. Ein wahrlich
verwunschener Platz. Das Wasser ist wiederum glasklar, wahrscheinlich sehr
sauber und man sieht dem Gelände an, dass sich nicht sehr viele Menschen
hierher verirren. Lange Zeit klettern wir alle ein bisschen, fotografieren
und blödeln herum. An so einem Ort vergisst man die ganze Anstrengung des
Tages oder der beschwerlichen Anreise! Doch wir sollten zum Abend wieder
zurück nach Douki. Deshalb steigen wir dann auch gemächlich wieder aus diesen
Niederungen hoch auf das Plateau, wo wir in der Abendsonne durch goldgelbe
Weiden streifen. Die Rinder weiden hier sozusagen frei, und die Dörfer und
Gärten sind eingezäunt. Und das nicht etwa mit Stacheldraht, sondern mit
eingegrabenen Stämmchen und Ästen, die ein wildes Geflecht aus Holz bilden.
Sehr malerisch und natürlich, das Ganze. Aber natürlich gibt es auch die
Zeichen der Moderne hier im Busch. Und das ist zum Beispiel, wie ich diesen
Abend erfahre, der Draht von Hassans Haus zum Nebengebäude, an dem sämtliche
Handys des Dorfes hängen. Es ist die sogenannte Telefonzentrale, der einzige
Ort mit halbwegs gutem GSM-Empfang. So kann ich noch vor dem Abendessen
beobachten, wie einige Dorfbewohner ihre Anrufe bei Hassan tätigen, oder
sogar klingelnde Telefone abgenommen werden, um die gesuchte Person so schnell
wie möglich ans Telefon zu holen. Man weiss ja nie, wann das Signal wieder
weg ist, denn auch dies hängt schliesslich vom verfügbaren Strom in der
Sendeanlage ab.

Douki 18.12.2007: Am heutigen
Tag machen wir eine grössere Tour, die Umrundung der Falaises Fawré Karé,
den Klippen auf denen das Dorf Douki steht. Von der Senke der Rochers de
la Hyène führt nämlich der Weg einem schmalen Trassée entlang die felsige
Steilwand der rechten Begrenzung des Vallée de Kokoulo hinunter. Denselben
Weg nimmt auch der Bach, zumindest zu Beginn. Dann stürzt sich das Wasser
ebenfalls als Wasserfall zu Tale. Der Höhenunterschied von Douki zum Fluss
Kokoulo beträgt etwa 600 Höhenmeter. Wir steigen jedoch nicht ganz zum Kokoulo
hinunter, sondern begnügen uns mit der ersten Terrasse des Talbodens, auf
der wir bereits einige Rinderherden der Talbevölkerung antreffen. Der Wandfuss
der immensen Felswand ist durchgehend mit dichtem Wald besetzt. Ich stelle
es mir als grösseres Unternehmen vor, durch diesen mit einer Machete oder
ähnlichem zum Felsen vorzudringen. Dies wäre jedoch zu tun, wollte man mal
antesten, ob die Wand kletterbar wäre. Von Weiten sieht sie jedenfalls toll
aus, und damit begnüge ich mich vorerst. Die Affen, die wir in der Richtung
hören, freuts. Sie zeigen sich uns jedoch nicht. Nach etwa drei Stunden
wandern gibt’s für uns erst Mal Pause an einem weiteren Pool eines Baches
im Wald. Diesmal nutze ich die Gelegenheit für ein erstes Bad, obwohl das
Wasser recht kalt ist. Die Sonne ist dafür umso heisser, was das Fehlen
eines Tuches zu einer unnötigen Sorge werden lässt.
Nach dem Mittagessen und einer kleinen Siesta begeben wir uns auf den Weiterweg,
wo ich mich doch langsam anfange zu fragen, wo denn unser Weg wohl wieder
diese Klippe hinaufführen könnte. Hassan sowie Bela hatten nämlich von einer
Rundtour gesprochen, also nicht wieder denselben Weg zurück wie gekommen.
Nun zieht sich die Hohe Felswand jedoch beträchtlich in die Länge und es
sieht überhaupt nicht nach einem Tal aus. Da frage ich doch lieber mal nach,
worauf mir Bela erklärt, dass es da doch einen Weg geben soll. Es würde
jetzt dann gleich hochgehen. Eine weitere halbe Stunde steigen wir tatsächlich
einem Bach entlang bergan. Der Weg führt uns bald an eine erste 'Leiter',
einem Astbündel, das von Lianen zusammengehalten über eine Felsstufe führt.
Wir sind an den Echelles de Balan angekommen. Diese führen in einem Spalt
in der Falaise Fawré Karé, sozusagen im Bachbett, die Wand hoch. Neun Stück
solcher 'Leitern', die zum Teil nass und sehr rutschig sind führen da hoch.
Ich bin echt froh bei der Steilheit, dass die Sonne nicht bis auf den Weg
scheinen mag. Ich bin auch froh um meine festen Trekkingschuhe, die geben
mir in dem Bachbett den nötigen Halt. Meine Führer tragen nur Turnschuhe,
und Einheimische laufen diesen Weg oft auch Barfuss oder in einfachen Flip-Flops.
Dieser Aufstieg ist echt der Hammer, führt er doch fast in Fallinie wieder
aufs Plateau hoch! Unterwegs sprudelt noch Quellwasser mitten aus einer
Felswand: Das kann man sogar mit europäischem Magen bedenkenlos trinken.

Nach dem engsten Teil mit den Leitern öffnet sich der
Spalt ein wenig und macht dem Wasser des Baches etwas mehr Platz. Lieblich
und gemächlich fliesst das kleine Flüsschen da durch den Wald. Das Bachbett
ist an seiner breitesten Stelle aus massivem Fels mit einigen ausgewaschenen
Löchern, richtigen 'Badewannen'. Erneut machen wir Rast. Ich fröne an dem
Wassersport, Hassan macht Katzenwäsche inklusive Kleider und Bela fotografiert
eifrig, wie ich da in den Badehosen am Wasserfall herumturne. Nachher steigt
unser Pfad nochmals ein Stück an. Wir durchschreiten landwirtschaftlich
genutztes, steiniges Land und treffen bald auf die ersten Rundhäuser der
Einheimischen, sozusagen der Vorort von Douki. Als wir in Douki eintreffen,
beginnt gerade die Abenddämmerung. Einige Jugendliche laden uns zum späteren
Teetrinken ein. Erst gibt’s aber noch eine Dusche und das Nachtessen. Der
feine Fisch ist leider zu Ende, was jetzt wieder Huhn und/oder Gemüse bedeutet.
Als es dunkel wird,
nimmt mich Bela mit in ein Haus in der Nähe, wo sich all die Jugendlichen
Mädchen und Buben versammelt haben, um Tee zuzubereiten. Sogleich beginnen
angeregte Unterhaltungen in der Peul-Sprache. Ich verstehe leider kein Wort.
Sehr gerne höre ich dem schönen Klang dieser Sprache zu, aber Bela, der
übersetzen könnte betrachtet seinen Arbeitstag wohl als zu Ende gegangen.
Während ein kleiner Junge mit grossem Geschick den Tee aus einem Meter Höhe
in die kleinen Gläschen plätschern lässt um ihn abzukühlen und zu schäumen,
dämmere ich in dem beinahe lichtlosen Raum so vor mich hin. Es ist viel
wärmer als draussen, und in der freundlichen Gesellschaft sehr angenehm,
weshalb sich bei mir bald eine grosse Müdigkeit breitmacht. Als sie nach
dem dritten Aufguss des Tees nochmals von neuem Tee zu kochen beginnen,
mache ich mich möglichst höflich aus dem Staub, um in den heimischen Schlafsack
zu kriechen.
Douki 19.12.2007: In Absprache
mit mir entscheidet Bela, von Douki nun direkt ins Tal des Fétoré-Flusses
zu wandern, ohne Abstecher ins Dorf Ainguel. Offenbar können wir an den
Naturschauspielen die mich interessieren auch so vorbeilaufen. So brechen
wir bald nach dem Frühstück auf, um noch in der morgendlichen Frische das
Steinige Plateau überqueren zu können. Bevor wir jedoch zu unserer ersten
Sehenswürdigkeit kommen, will Bela jemanden besuchen in einem Hof mitten
in der Pampa. Kinder und Hühner sind das einzige, was ich zu sehen bekomme.
Ich habe gerade nicht das Gefühl, hier fremden Leuten ins Haus gehen zu
wollen, so dass ich mich draussen am Schatten unter den Bäumen von den Kindern
beäugen lassen. Ein klein wenig Zutrauen fassen sie erst, als ich ein bisschen
Schokolade mit ihnen Teile.
Dann kommt Bela wieder raus und wir suchen uns den mittlerweile etwas absteigenden
Weg zum Pont de Dieu, einer natürlichen steinernen Brücke über den Fluss.
Der Pfad führt auch geradewegs darüber, könnte man doch sonst nirgends den
Fluss überqueren. Noch ist es noch nicht allzu heiss und das ruhige Becken
Wasser unweit der Brücke ist auch ziemlich braun und trüb, so dass ich noch
keine Lust verspühre, ein Bad zu nehmen. Lieber zweigen wir vor dem Pont
de Dieu links ab und wandern weiter flussabwärts. Schon eine Viertelstunde
später hört man einen scheinbar riesigen Wasserfall. Als wir schliesslich
um eine buschige Ecke kommen, stehen die Chutes de Djourougui in voller
Grösse vor uns. Es ist ein Wasserfall von unspektakulären 40 Metern Höhe,
doch fallen hier die Wasser des Fétoré auf über 200 Metern Breite über eine
gerundete Geländestufe. Das Tolle ist, dass man von gegenüber auf einer
leichten Anhöhe den ganzen Fall überblicken kann. Und zu seinem Becken heruntersteigen
kann man auch, wenn man etwas klettertauglich ist. Der Fall ist laut Bela
sehr zahm zu dieser Zeit, da während und nach der Regenzeit offenbar x-mal
mehr Wasser herunterfliessen würde. Da bin ich ja froh, dass jetzt Trockenzeit
ist, so kann ich dem Wasser auch in die Nähe kommen. Nach einer weitern
Foto und Film Session wandern wieder weiter. Moderat geht es immerzu ein
bisschen abwärts. Von weitem sehen wir noch die Chutes de Kamawi, deren
beachtliche Höhe mich auch von der Weite beindruckt. Wir bleiben aber in
mannshohem Gras und Gestrüpp stecken, da führt offenbar kein Pfad hin. Vorbei
an einer Hirtenunterkunft und einem wunderschön blühenden Karkadenbusch,
aus dessen Blüten der rote Bissap, der in Guinea mancherorts getrunken wird,
hergestellt wird, steigen wir weiter das dal des Fétoré hinunter, um gleich
noch einmal an einem schönen Wasserfall vorbei zu kommen. Also für die Tatsache
dass Dezember ist, kommt doch in dieser Landschaft beinahe von überall Wasser
herunter, scheint es. Nicht umsonst wird Guinea auch das Wasserschloss Westafrikas
genannt!
Wir machen Mittagsrast am kleinen See unter den Chutes de Donsowol. Zum
ersten Mal sehe ich eine kleine Schlange vor uns ins Wasser flüchten. Trotzdem
gehe ich auf einem Felsen in der Mitte des Pools mein verschwitztes T-Shirt
waschen. Zum schwimmen getraue ich mich jedoch nicht, ist doch der Grund
des Sees sehr schlammig und ich sehe auch so einiges Getier im Wasser herumschwimmen.
Wiederum ist die Pause sehr angenehm in der angenehmen Kühle des zerstiebenden
Wassers und am Schatten der Bäume.
Der Weiterweg nach Ley-Fita, dem Dorf wo wir nächtigen werden folgt zu Beginn
einem zu dieser Zeit trockenen Flussbett. Die meiste Zeit im Wald, aber
auch über goldgrasige Weiden wandern wir wieder dem Abend entgegen. Wir
lassen alle Lianenbrücken rechts liegen, bis auf die Letzte, welche auf
die andere Seite des Fétoré zum Dorf führt. Nachdem auch ich nun meine erste
guineische Lianenbrücke dynamisch überquert habe, führt mich Bela geradewegs
zu einer Art Dorfplatz,
wo bereits Leute sitzen. Wir werden begrüsst, unsere Absicht hier zu übernachten
wird kundgetan und sofort werden wir in ein Haus gebeten. Das Gepäck soll
abgestellt werden und in der Hängematte werden wir mit Zitronengras-Tee
versorgt. Es dauert nicht lange, und alle Leute, die gerade nicht am arbeiten
sind kommen vorbei um uns zu begrüssen. Viele Kinder, darunter auch ein
Baby in einem Waschzuber, sind auch da. Vor allem der kleine Sohn des Chefs
hier hat ziemlich Angst vor mir und die lässt er sich nicht ausreden. Die
Person, die hier das Sagen hat, ist möglicherweise der Dorfchef, vielleicht
aber auch einfach unser Gastgeber. Jedenfalls spricht er auch Englisch,
das er sehr gerne anwenden möchte. Mir fällt es regelrecht schwer, nachdem
ich mich endlich an das afrikanische Französisch gewöhnt habe, nun wieder
auf Englisch zu wechseln. Der Abend wird mit einer schönen Dusche meinerseits
eingeläutet, derweil jemand für uns ein Huhn schlachtet, was uns im Anschluss
ein sehr feines und recht üppiges Nachtessen beschert. Bis tief in die Nacht
hinein Palavern und essen wir. Am Schluss kann ich mich kaum mehr von der
Matte erheben um ins Bett zu gehen.
Ley Fita 20.12.2007: Dieser Morgen
beginnt trotz des üppigen Nachtessens auch mit einem üppigen Frühstück.
Wir erhalten sogar ein Paar frittierte Kuchen, so eine Art Donuts, die sehr
lecker sind. Als wir aufbrechen, fällt mir auf, dass mir meine Oakley-Sonnenbrille
abhanden gekommen ist. Im ersten Augenblick bin ich überzeugt, dass ich
am Vorabend mit dieser Brille
auf dem Kopf ins Dorf gekommen bin. Beim Gedanken an einen Diebstahl dieser
netten Leute bin ich unglaublich enttäuscht. Unsere Gastgeber geben sich
aber auch sehr besorgt und sofort durchsuchen wir alles und jeder wird gefragt,
ob man diese gelbe Sonnenbrille mit blau verspiegeltem Glas gesehen hätte.
Da fällt mir ein, dass Bela mich gestern beim Überqueren der Lianenbrücke
fotografiert hatte, was schliesslich zur Klärung beiträgt: Mir ist die Brille,
welche ich mir im Schatten auf den Sonnenhut gesteckt hatte, schon vor Ley-Fita
verloren gegangen. Trotzdem erklärt sich unser Gastgeber, dem ich auf den
gemachten Fotos der vergangenen Tage meine Brille zeigen konnte, bereit,
uns auf unserer Suche zu begleiten. So gibt es also heute eine Extrarunde,
nochmals zurück bis zum Wasserfall, um das verlorene Ding zu suchen. Beim
gestrigen Mittagsrastplatz ist sie leider nicht zu finden, weshalb ich gerne
nochmals bis zum mannshohen Grad hoch will. Bei aller Grübelei kann ich
mich einfach nicht genau erinnern, wann ich die Brille gestern das letzte
Mal aufgesetzt hatte – Es ist zum Verzweifeln! Ich trage Linsen und habe
sondst nur noch die Sonnen-Clips für meine korrigierte Brille dabei. Mit
grossem Frust kehren wir erfolglos ins Dorf zurück und können dort nach
drei gewanderten Morgenstunden erst unsere Tagesetappe beginnen. Dieser
Tag hat es in sich: Wir haben die längste Etappe vor uns und das Gelände
ist sehr offen und ohne grosse Bäume. Bereits eine Stunde weg vom Dorf fühle
ich mich nicht wohl. Ich habe grossen Durst und es ist mir viel zu heiss.
Ausserdem ist mein Kreuz wundgescheuert von meinem schweren Rucksack und
dem verschwitzten Leibchen. Bei einer ersten Pause in an einem kleinen Hof
habe ich entgegen meinem Naturell überhaupt keinen Appetit etwas zu essen.
Wir hören uns die wundersame Geschichte von einem zum dritten Mal abgebrannten
Haus in diesem Gehöft an. Nachdem wir uns beim Wirt bedankt und verabschiedet
haben trotten wir bei sengender Hitze am Mont Sinka vorbei Richtung Safa.
Bela meint, der Harmattan hätte heute eingesetzt. Das ist der heisse Wind
aus der Wüste. Er macht mir das Leben richtig schwer, aber auch Bela scheint
heiss zu kriegen.

Halb im Delirium kommen wir auf dem leeren Marktplatz
in Safa an. Erschöpft zwinge ich mich eine Banane und einen mitgebrachten
Getreidestängel zu essen. Schon verrückt, bei der Anstrengung – Irgendwas
scheint mit meiner Verdauung nicht zu stimmen. Trotz Pause am Schatten und
lustiger Unterhaltung von einigen Dorfjungs will ich mich einfach nicht
erholen. Richtig übel wird mir einige Zeit später während dem wandern. Diese
Suchaktion und meine Übelkeit danach versauen mir den ganzen Tag. Die Etappe
wäre an sich reizvoll, doch ich kann gar nichts geniessen. Bela zieht ein
recht ordentliches Tempo durch, oder bin es vielleicht ich, der sich immer
langsamer dahinschleppt? Weil ich den ganzen Tag fast nichts gegessen habe,
bin verständlicherweise nun auch körperlich entkräftet, vielleicht sogar
dehydriert. Oder habe ich einen Sonnenstich? Oder eine Magenverstimmung?
Ich werde
es nie genau herausfinden, doch ich weiss, dass ich es irgendwie, nach endloser
Zeit doch noch auf die Anhöhe von Banking geschafft habe. Dort installiere
ich mich unter einem Mandarinenbaum und rühre mich nicht mehr vom Fleck.
Die Früchte schmecken hervorragend und sind schön saftig, weshalb ich noch
recht zögerlich einige davon verzehre. Gerne möchte ich eine ruhige Nacht
verbringen, ohne öfteres Aufsuchen des Gebüschs. Die Leute die hier wohnen
bereiten sogar Milchreis für mich zu, aber ich kann nur ein klein wenig
essen. Dabei liebe ich Milchreis! Den Abend verhänge ich auf meiner Matte
unter dem Baum, wo ich eigentlich auch gerne bleiben will. Doch Bela erlaubt
mir nicht draussen zu schlafen. Mit vereinten Kräften schaffen sie mich
und mein Gepäck in ein Haus 50 Meter nebenan. In dem Bett da drin soll ich
schlafen, die Besitzer des Hauses werden sich ein anderes Plätzchen zum
Schlafen suchen. Ich wehre mich nicht und falle sogleich in einen unruhigen
Schlaf in diesem fremden Schlafgemach.
Banking 21.12.2007: Am Morgen danach geht es mir wieder gut, doch vorsichtigerweise will ich erst mal mit dem Frühstück nicht übertreiben. Ich esse nur ein wenig trockenes Baguette und trinke viel Tee. Von den Bewohnern dieses Weilers erhalten wir noch ein paar frische Früchte mit auf den Weg. Doch diesmal befindet sich die Hauptattraktion des Tages in unmittelbarar Nähe: Wir gehen nur etwa fünf Minuten, bis wir an den Rand der Cuvettes de Banking kommen.

Das ist also das Ding, das wir die ganze Zeit von weitem
schon rauschen hören konnten! Eine Laune der Natur, respektive die unterschiedliche
Härte des Gesteins hat hier wohl den Fluss dazu bewogen, einen Teil seiner
Strecke durch eine Höhle zurückzulegen. Zuerst fällt er über einige moderate
Stufen in ein tosendes Becken, um dann durch den Fels zu einem mittelgrossen
Wasserfall zu gelangen. Beides kann man betrachten und fotografieren indem
man sich auf das Dach dieser Unterhöhlung begibt. Unterhalb des Wasserfalls
bildet sich ein recht grosser See, der auch überall von Fels umgeben ist.
Der Abfluss aus dem See ist dann ebenfalls wieder unterirdisch. Als wir
anschliessen weitergehen und etwas oberhalb der Cuvettes auf einer Lianenbrücke
den Fluss überqueren, laufen wir um das ganze Schauspiel herum. Durch lichten
Wald und Buschlandschaft gibt es immer wieder einen Blick auf das stiebende
Wasser zu erhaschen. Ein rechtes Stück weiter ist schliesslich zu erkennen,
dass sich der zweite unterirdische Abfluss in einen sehr hohen Wasserfall
ergiesst. Das Tal des Fétore senkt sich hier mit einer gewaltigen Stufe
ab, so dass der Weg erst ein Stück weiter talauswärts die Möglichkeit bietet,
zu Tale zu gelangen. Dieses Teilstück meines Trekkings kommt mir ein Bisschen
vor wie eine Bergwanderung im schweizerischen Tessin. Doch die Häuser in
den Dörfchen haben hier Stroh- und keine Steindächer. Am Wegrand und auch
bei den Dörfern wächst der Busch, aus dessen Blättern der Kenkeliba-Tee
gemacht wird. Wenn man sich mit Pflanzen auskennt, kann man diesem Gebüsch
hier einiges abgewinnen, erklärt mir Bela. Aber abgesehen von einem guten
Wegnetz sieht man hier wenig von der landwirtschaftlichen Nutzung des Landes.
Wiederum fällt mir auch auf, dass hier Häuser und Dörfer eingezäunt sind,
und nicht die Tiere. Diese werden nur zum melken in einen Pferch getrieben
(falls sie nicht von selber kommen, wenn er an der Zeit ist). So eine Fula-Kuh
ist wahrscheinlich schneller gemolken, als eine schweizer Kuh, ist sie doch
nur etwa halb so umfangreich und hat nur ein kleines Euter. Sind dann
da noch Kälbchen, gibt es wohl für den Menschen gar keine Milch mehr. Aber
sowohl Mensch, wie auch Tier sind hier sehr gut auf die natürliche Umgebung
und deren Bedingungen angepasst, denn Maschinen gibt es keine. Wir treffen
in den zwei Dörfern, die wir durchwandern, auch nur ein paar Kinder - Die
Erwachsenen sind irgendwo am arbeiten, auf dem Feld oder an einem Markt.
Man könnte auf dieser Trekkingtour offiziell noch eine Übernachtung in Saadi einlegen, was dann mit zwei Fluss-Überfahrten in einer Piroge verbunden wäre. Ich entscheide mich aber für das Weiterwandern. So können wir auf einer weiteren Lianenbrücke den Fétore überqueren, bevor er in den Kakrima fliesst. Jetzt wo ich gesundheitlich auch wieder fit bin, mache ich gerne noch ein bisschen weiter, auch wenn heute immer noch der Harmattan-Wind die Temperatur bestimmt. Im Dorf Hériko machen wir Pause unter grossen Mangobäumen. Wärend Bela irgendwo Brot beschafft, kann ich ein wildes Fussballspiel von Kindern verfolgen. Sie rennen barfuss, selten in Sandalen, in der prallen Sonne über einen nicht ganz ebenen, erdigen Platz einem schlaffen Plastikball nach und haben einen Heidenspass. Für einmal bin ich weniger interessant, so dass ich alleine warte, bis Bela wieder kommt.
Als Bela wieder da ist, schlägt er vor, runter zum Fluss
zu gehen, was ich eine ausgezeichnete Idee finde, zu dieser heissen Mittagszeit.
Zufälligerweise kommt an der Stelle wo wir rasten auch gerade ein klarer,
kalter Bach den Berg herunter in den Fluss. So kann ich wiederum ein erfrischendes
Bad nehmen, denn in dem trüben Wasser der träge dahinfliessenden Kakrima
hätte ich nicht baden wollen. Ein Junge, der vorhin beim Fussballspielen
etwas ins Hintertreffen geriet wegen seinem Klumpfuss, gesellt sich zu uns.
Offenbar will er mich gerne ein bisschen in der kleinen
Piroge, die auf der Sandbank liegt, herumfahren. Mit einem etwas unsicheren
Gefühl, aber mir meiner Schwimmfähigkeit bewusst, setze ich mich in die
Mitte des Bootes und lasse es geschehen. Das Boot ist sehr schmal und entsprechend
wackelig, doch sobald der Junge seinen Stand im Boot gefasst hat, geht es
mit sicherem Staken auf die Rundfahrt. Obwohl ich gehört habe, dass es in
dien Flüssen keine Krokodile gebe, äuge ich doch immer genau auf die Wasseroberfläche.
Was bin ich doch für ein Hasenfuss! Zu Belohnung bekommt der Bub von mir
einen meiner Lunch-Landjäger, die ich aus der Schweiz mitgebracht habe.
Brot will er keines. Wärend Bela nach dem Mittagessen noch etwas im Schatten
rumdöst, mache ich noch ein paar Makroaufnahmen von einigen sehr schönen
und grossen Schmetterlingen, die sich auf der heissen Sandbank tummeln.
Bald schon gehen wir weiter. Bela will noch ein Dorf weiter zum übernachten. Wir wandern noch etwa eine Stunde über ebenes Gelände, teils im hohen Gras, teils in lichtem Wald, dem Kakrima entlang. Als wir zu den ersten Häusern von Eékésama kommen, die auf einer leichten Anhöhe stehen, fragt Bela wegen unserer Übernachtung an. Wir können bleiben und erhalten ein Bett, sowie wiederum ein Nachtessen geboten. Da es noch relativ früh am Abend ist, bleibt uns noch einige Zeit. Ich geniess es, mich in einer Hängematte vom gestrigen Krankheits-Schub zu erholen, wärend nebenan ein kleines Palaver unter älteren Männern abgehalten wird. Eine Frau tritt nur in Erscheinung, als sie uns eine kühle, frische Papaya zum Vesper bringt. Gegen Abend haben die Männer fertig debattiert und der Hof wird wieder von den Frauen eingenommen: Es wird gekocht. Fasziniert sitze ich im Eingang der Rundhütte, wo sich die Küche befindet. Draussen wird gerüstet und gewaschen, drinnen wohnen die Tiere und wird gekocht. Das die Tiere auch in diesem Haus wohnen wird mir erst so richtig bewusst, als sich die ganze Hühnerschar vor mir tummelt. Sie getrauen sich nicht an mir vorbei durch die Haustür, wollen sie doch in der Abenddämmerung ins traute Heim. Als ich Platz machen, sind nebst den Ziegen im rechten Teil dann auch die Hühner im linken Teil des Hauses in ihrem Nachtquartier. Derweil brodelt auf offenem Feuer gleich im Eingang des Hauses unser Nachtessen. Diesmal ist es ein Gemüse-Ragout mit Reis, ohne Fleisch. Es schmeckt vorzüglich, doch ich esse nicht mehr so unverschämt viel, wie vorgestern.
Eékésama 22.12.2007: Dieser Tag sollte der letzte unserer Rundwanderung sein. Der Anstieg vom Kakrima auf das Plateau hinauf zum Dorf Niguelande. Was wir also in den vorangehenden Tagen herunter gewandert sind, geht es heute alles wieder hinauf. Da bin ich auch einverstanden, dass wir früh aufbrechen, um der grössten Mittagshitze aus dem Weg zu gehen. So frühstücken wir im Morgengrauen, um gleich darauf noch in der morgentlichen Frische aufzubrechen. Es ist sehr angenehm, zu dieser Tageszeit den immer stärker ansteigenden Wanderweg unter die Füsse zu nehmen. Schon bald sind wir genug angestiegen, dass wir das ganze Tal überblicken können. In der Ferne erhebt sich ein Berg, der wahrscheinlich vulkanischen Ursprungs so aussieht, als wäre er die Vorlage gewesen für die Form der Hüte, welche die Pheul-Hirten tragen. Beim weiteren ansteigen erreichen wir eine Art Höhenweg, der immer schön auf der Schattenseite des Tales ansteigt. Von hier haben wir ein wunderbares Panorama auf die besonnte Talseite, wo ich bereits wieder zwei immens hohe Wasserfälle ausmachen kann: Die chutes de Safo und die chutes de Kasifo.

Je höher wir steigen, desto eher dringen langsam die Sonnenstrahlen auch auf unseren Weg durch. Als wir das Dorf Niekan erreichen, ist es bereits ordentlich heiss und wir gewähren uns eine erste Pause im Schatten der Bäume des Dorfplatzes. Hier treffen wir auch das erste Mal wieder auf ein Auto. Als wir weiter den Pfad hinan steigen, quält sich der Wagen die Serpentinen einer Strasse hinauf, die eher unserem Pfad gleicht, jedoch etwas breiter ist. Wir kreuzen diese Strasse ein paarmal und als die Wagen uns einholt, besteht der Fahrer darauf, dass er uns mitnehmen darf. Wir sollten wahrscheinlich seinen tollen neuen Jeep ein bisschen bewundern. Es ist ja schliesslich auch eines dieser modernen Ungetüme mit allen Schikanen, welche bei uns in der Schweiz zuhauf herumgefahren werden. Nur braucht der Chauffeur den Allradantrieb hier wirklich, und das Auto ist auch bis auf den letzten Platz besetzt. Wir steigen also auf ein kurzes Stück ein und geniessen die klimatisierte Schwerelosigkeit mit ein bisschen guineischer Popmusik untermalt.
Umso schwerer ist es dann, wieder den Rucksack zu schultern und wieder in der Hitze des nahenden Mittags zu stehen. Nun ist es aber nicht mehr weit bis nach Niguelande und auf der letzten Anhöhe vor dem Dorf machen wir noch einmal Pause. Hier scheint eine Art 'Hot Spot' für Handy-Empfang zu sein: Es tummeln sich etwa 15 Leute unter verschiedenen Bäumen, Büschen und sogar einem Sonnenschirm, die alle am telefonieren sind. Auf meinem Handy sehe ich allerdings nur zwei bescheidene Striche. Was allerdings die Erklärung sein könnte, weshalb diese Leute alle so laut in ihr Telefon sprechen und sich auch ständig wiederholen...
Bald nach der grossen Moschee stehen wir mitten im Dorf. Bela scheint hier bereits wieder Kontakte zu haben, weshalb wir bald in einem Hinterhof bei einer Frau mit drei Kindern unser Mitagessen auspacken. Bela kann ein paar 'frische' Sachen einkaufen und auch etwas Leim, um seine Turnschuhe wieder zusammen zu flicken. Wir teilen unsere Esswaren mit den scheuen Kindern, wobei diese wiederum vor allem an meiner restlichen Schokolade interessiert sind.
Nachdem Bela seine zerschundenen Turnschuhe fein säuberlich gewaschen, gebürstet und geleimt hat, machen wir uns auf den Weg zum Taxibahnhof. Dieser liegt gleich beim Marktplatz, dessen wöchentlicher Markt sich langsam zu Ende neigt. Wir müssen noch ein wenig warten, bis alles verräumt und verladen ist und dann können wir auch unsere Rucksäcke einladen. Dass wir dann jedoch noch nicht fahren, liegt wahrscheinlich daran, dass der Chauffeur noch gar nicht hier ist. Bereit zur Abfahrt warten wir also noch etwa eine Stunde, welche Bela zu extensiven Telefongesprächen nutzt. Scheinbar ist hier also auch Empfang - Weiss der Kuckuck, wieso die Leute dann den Hügel hochlaufen um zu telefonieren?
Mit unserem Taxi legen wir den Weg über eine steinige Piste bis nach Pita zurück. Dort müssen wir wieder Umsteigen. Der Taxibahnhof ist diesmal leer, alle Fernfahrer schon verreist. So bleibt uns nur noch der Verkehr der Hauptstrasse. Ich bewache dort unser Gepäck, wärend Bela vezweifelt versucht, noch zwei Plätze in einem Richtung Dalaba fahrenden Auto zu ergattern. Zu fortgeschrittener Abendstunde mache ich ihm dann einmal klar, dass ich lieber gerne noch einmal in Dalaba übernachten möchte, anstatt in einem Zug nach Conakry zu brettern bis in die Nacht hinein. Darauf hin versucht er auch noch, den Lehrer zu erreichen, für jenen er das Sportheft aus Conakry transportiert hat. Zu guter Letzt gelingt ihm beides: Wir können in einem ehemaligen Medecins-Sans-Frontières-Jeep mitfahren, und der Mann in Dalaba wurde auch erreicht. Er beschreibt Bela den Weg zu seinem Haus, wo wir schlussendlich auch landen. Ich bin nach der Steinpiste und dem Geschüttel im Fonds des Jeeps mehr als froh, nicht mehr nach Conakry fahren zu müssen. Wir werden von der ganzen Familie des Lehrers begrüsst und angewiesen, in seinem Zimmer zu übernachten. Eine Dusche gibt es auch und wir beschliessen den Abend mit einem auswärtigen, gemeinsamen Nachtessen in einer Spelunke an der Hauptstrasse.

Dalaba 23.12.2007: Nach einer
guten, letzten Nacht in der Kühle des Fouta Djalon soll es heute wieder
in die tropische Feuchte von Conakry gehen. Aber erst brauchen wir ein Frühstück.
Und davor informieren wir uns besser gleich noch, wann denn das Taxi etwa
fahren wird. Der Taxibahnhof ist schon früh sehr belebt, denn auch andere
wissen es zu schätzen, nicht in der grössten Hitze zu reisen. Wir können
unsere zwei Plätze schon vor dem Frühstück buchen und suchen dann einen
Schuppen, wo es was zu essen gibt. Wir werden fündig in einem ehemaligen
Frachtcontainer. Der Besitzer hat darin einen kleinen Laden installiert
und die gut verschliessbaren Türen sind schon weit geöffnet. So erhalten
wir Baguette, Eier, La-vache-qui-rit und Tee. Sogar so etwas Ähnliches wie
Kaffee braut der Mann. Anschliessend verabschieden wir uns von unseren netten
Gastgeber, dem pensionierten Lehrer. Ich bin beeindruckt von seiner Gastfreundschaft,
hatte er uns doch noch nie vorher gesehen. Klar hat er etwas Geld von Bela
erhalten und wurde auch von uns zum Essen eingeladen, aber trotzdem. Als
das Taxi voll ist, brechen wir auf nach Conakry. Diesmal sind wir deutlich
früher unterwegs, als auf dem Hinweg, weshalb es auch noch nicht so heiss
ist. Etwas wehmütig lasse ich noch einmal die vergangenen Tage an mir vorbei
ziehen, während wir vom Fouta-Plateau herunter kurven. Den gleichen Weg
zurück, wie wir gekommen sind. Ich schiesse noch ein paar Fotos aus dem
fahrenden Auto. Bei einem auf dem Dach liegenden Taxi halten wir noch kurz
an. Niemand ist ernsthaft verletzt, und alle Reisenden wollen in die andere
Richtung als wir fahren. Deshalbe lassen wir sie weiter warten und suchen
das Weite.
Einige Stunden später kommen wir wohlbehalten dur die Stadgrenze der Hauptstadt
und wälzen uns im Stossverkehr dem Taxibahnhof entgegen. Dort müssen wir
noch auf ein lokales Stadttaxi umsteigen, das uns schliesslich nach Hause
bringt. Ich ziehe wieder zu David Mühlemann in seinen schönen Garten und
Bela geht zu sich nach weissnichtwo. Wir verabreden uns noch für den nächsten
Tag, um bei Saifoulaye, dem Chef der Organisation Nimbatrekking, unsere
Tour zu besprechen.
Nachtrag: 2008 ist Saifoulaye Diallo leider an seiner langen, auszehrenden Krankheit gestorben. Seine Krankheit war auch der Grund gewesen, weshalb ich mit Bela und nicht mit ihm unterwegs gewesen war. Saifoulaye war für ein solches Trekking noch zu schwach gewesen und musste auch täglich viele Medikamente zu sich nehmen. Ich vermute, er ist an den Folgen von Aids gestorben.
Saifoulaye Diallo war ein unermüdlicher Führer und ein Fan seiner Heimat, dem Fouta Djalon. Archivfotos belegen seine grosse Arbeit, die Organisation Nimbatrekking auf einen ökologisch vertretbaren und nachhaltigen Weg zu bringen. In seiner humorvollen Art und gewandtem Französich oder Englisch hatte er mir seine Visionen und auch seine Geschichte näher gebracht. Seine Art hat mich mit neuer Hoffnung für das guineische Volk erfüllt, konnte er doch sehr gut als positives Beispiel für seine jüngeren Führer vorangehen. Ich wünsche mir, dass die Organisation Nimbatrekking auch ohne Saifoulaye am Leben bleibt und in Guinea dem interessierten Touristen noch zu vielen guten und eindrücklichen Erlebnissen verhelfen kann.